ortsbezogene Klanginstallation für den Losberg-Park in Stadtlohn

Als Standort für die von ihm geplante Klanginstallation bestimmte der Künstler den Losbergpark, das Ende der 1970er Jahre entstandene Naherholungszentrum der Stadt. Vielgliederige, unregelmäßig geformte Anpflanzungen, ein verzweigtes Wegesystem, Wasserflächen mit abwechslungsreicher Ufervegetation und eine sanft ansteigende Hügelkuppe bilden in diesem Park eine Landschaft en miniature, die der Ästhetik des englischen Landschaftsgartens verpflichtet ist. Dessen Gestaltung lehnt sich eng an die Natur an, steigert aber deren Wirkung auf den Menschen mit technischen und gartenkünstlerischen Mitteln, ohne dass diese Mittel als künstliche Zutaten erkennbar sein sollen. Auch das heute sichtbare ‚Naturhafte’ des Losbergparks ist das Ergebnis umfangreicher Garten- und Landschaftsbaumaßnahmen und der dazu gehörigen technischen Infrastruktur. Sein Zentrum bildet ein begrünter, von wenigen Bäumen und Sträuchern bestandener Hügel, der mit dem Aushub der zwei künstlich angelegten Teiche aufgeschüttet worden ist. In seinem Inneren befindet sich ein etwa 120 Kubikmeter großen Wassertank, der dazu dient, die Wasserstände der Teiche zu regulieren und die Bewässerungsanlage des Parks zu betreiben.

Alexander R. Titz wurde auf diesen Hügel aufmerksam, weil er „in der flachen Geografie des Umlandes einmalig ist“ und eine gute Aussicht über den Losbergpark und die Stadt gewährt. Dabei fiel ihm ein Entlüftungsrohr auf, das nur wenige Zentimeter über die Grasnarbe der Hügelkuppe herausragt und zu dem darunter befindlichen Wassertank gehört. Die Konzeption der Klanginstallation nimmt ihren Ausgang von der gleichzeitig ästhetisch und technisch funktionalisierten Aufschüttung des Hügels. An dieser Stelle sind der Illusionismus der naturhaften Gestaltung und die Konstruktion ihrer technischen Infrastruktur eins und formulieren so ein Gleichnis für die historischen Voraussetzungen eines jeglichen Naturbegriffs, d. i. die Tatsache, dass „wissenschaftlich-technische Naturbeherrschung und ästhetisches Naturerleben Momente desselben neuzeitlichen Prozesses“ sind. Mehr als zwanzig Jahre nach der Fertigstellung des Losbergparks ist allerdings den meisten Parkbesuchern die Existenz dieses Wasserspeichers nicht mehr bewusst.

Die Klanginstallation ‚120 Kubikmeter’ besteht aus einem Lautsprecher im Inneren des Wasserspeichers und einer audiotechnischen Einheit, die im angrenzenden, ebenfalls unterirdischen Kontrollraum der Anlage untergebracht ist. In unregelmäßigen Abständen wird der Wasserspeicher mit Klängen beschallt, die Alexander R. Titz zuvor elektronisch erzeugt und auf diesen Raum abgestimmt hat. Diese Klänge – von wechselnden Wasserständen im Speicher zusätzlich modifiziert – gelangen über das bereits angesprochene Lüftungsrohr nach außen. Dort sind sie auf der Kuppe des Hügels hörbar und vermitteln dem Besucher eine ungefähre Vorstellung von den Dimensionen des unter seinen Füßen befindlichen Hohlraums. Die Klanginstallation bringt aber nicht nur den in der Erde verborgenden Wasserspeicher wieder in Erinnerung, sondern verändert darüber hinaus auch die Wahrnehmung des gesamten Parks.

Durch den subversiven Eingriff des Künstlers mutiert dieser Teil der technischen Infrastruktur der Parkanlage zu einem ästhetisch wirksamen Element ihrer Gestaltung, ohne dass seine Künstlichkeit versteckt wird; Alexander R. Titz selbst spricht von dem Wasserspeicher als einer „unsichtbare(n) Skulptur im Berg“, die „akustisch erfahrbar“ ist. Als Skulptur reflektiert der Wasserspeicher die Entstehungsgeschichte des Losbergparks und verleiht ihm dadurch eine historische Dimension, die seine Künstlichkeit bislang nicht zugelassen hatte. Gleichzeitig wird die naturhafte Wirkung der Anlage durch das, was in der Klanginstallation hörbar ist, zusätzlich gesteigert: Statt als etwas Gemachtes, erscheint der Park jetzt als etwas Gewordenes und nähert sich dergestalt seinem Vorbild, der Natur, weiter an.

Hans-Jürgen Lechtreck