interaktive Klanginstallation für das Klang-Kunst-Festival UND III  in Wiesbaden

Die interaktive Klanginstallation Aussicht in 8 Bit entwickelte Alexander R. Titz für das 2001 in Wiesbaden veranstaltete Klangkunstfestival UND III. Sie besteht aus acht an den Längsseiten mit Aluminiumblechen verkleideten Servierwagen, vier Audioverstärkern und verschiedenen elektronischen Bauteilen. Im kubischen Innenraum der Servierwagen befinden sich jeweils zwei aneinander geschraubte Lautsprecher, eine Fotozelle und ein 8-Bit-Analog-Digital-Wandler. Schwarze Kabel, die von den Servierwagen zu einer zentralen Stelle unter der Decke des Raumes führen, versorgen die Einbauten mit Strom und verbinden sie mit den dort befestigten Audioverstärkern.

Verändert sich die Lichtsituation im Inneren eines der Servierwagen, wird ein von Wagen zu Wagen geringfügig variierendes Geräusch hörbar. Diese Veränderung kann verschiedene Ursachen haben. Die Lichtsituation wechselt, wenn der betreffende Wagen bewegt wird oder das Licht im gesamten Raum sich plötzlich verändert; auch Reflexionen, die durch die Bewegung der anderen Wagen erzeugt werden, oder der Schatten einer Person, die sich dem Wagen nähert, können diese Wirkung hervorbringen.

Saarland Museum Saarbrücken

Stadtlohn

Die Installation gehört zu denjenigen Arbeiten des Künstlers, die eine variable Aufstellung in wechselnden Ausstellungsräumen zulassen. Ihre Konstruktionsweise verleiht ihr einen
skulpturalen Eigenwert, der unabhängig von den spezifischen Qualitäten des umgebenden Raums erfahrbar ist. Das zeigte sich auch bei der Präsentation von Aussicht in 8 Bit in der Aula des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Stadtlohn. Der annähernd quadratische, zwei Geschosse übergreifende Raum, der an einer Seite vollständig verglast ist und sich im Luftraum zu den Verkehrsflächen des ersten Stocks hin öffnet, wird seit seiner Fertigstellung im Jahre 1999 für schulinterne Veranstaltungen und Versammlungen sowie als städtischer Konzert- und Veranstaltungssaal genutzt. Die Aufstellung der Klanginstallation bedeutete eine Zentrierung dieses multifunktionalen Raums und erzeugte eine von außen nach innen zunehmende Dynamisierung seines Volumens. Im Verlauf der Interaktion des Publikums mit der Klanginstallation wurde diese vom Künstler vorgenommene Veränderung der vorgefundenen Raumsituation zuerst aufgehoben und anschließend fortgeschrieben. Denn um die Verknüpfungen zwischen Bewegung, Licht und Klang auszuprobieren und näher zu erkunden, brachten die Besucher die Servierwagen (und sich selbst) in immer neue Positionen und Konstellationen. Dabei beobachteten sie aufmerksam die Bewegungen in ihrer Umgebung sowie die je nach Standort und Sonneneinstrahlung wechselnde Lichtsituation in der Aula. Auf diese Weise wurde die Klanginstallation unvermittelt zu einem Instrument der Raumwahrnehmung, die den architektonisch konstituierten geometrischen Raum der Schulaula in einen Resonanzraum menschlichen Handelns verwandelte. Architektur, Klanginstallation und Besucher bildeten ein komplexes Gefüge wechselseitiger Beeinflussungen und Veränderungen, das Alexander R. Titz einmal mit einem „Organismus“ verglichen hat und im Gespräch mit dem Verfasser als „Weltmodell“ bezeichnete.

Hans-Jürgen Lechtreck